11. September 2025 | Legal Insight
BGer 2C_332/2024: Schwere
Verfahrensmängel – Nichtige
Entbindung von der ärztlichen
Schweigepflicht
11. September 2025 | Legal Insight
BGer 2C_332/2024: Schwere
Verfahrensmängel – Nichtige
Entbindung von der ärztlichen
Schweigepflicht
Mit Urteil vom 21. Juli 2025 hat das Bundesgericht eine Verfügung des Schwyzer Amtes für Gesundheit und Soziales, mit der es eine medizinische Leitungsperson einer Klinik gegenüber den Strafverfolgungsbehörden von der ärztlichen Schweigepflicht entbunden hat, für nichtig erklärt.
Der Beschwerdeführer begab sich im Jahr 2022 zur stationären Behandlung in eine Klinik im Kanton Schwyz, wobei sein Konsum von unerlaubter Pornografie zur Sprache kam. Nachdem ein Gesuch der Klinik um Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht genehmigt wurde, reichte die Klinik gegen den Patienten Strafanzeige wegen harter Pornografie ein.
Streitgegenstand bildete in der nachfolgenden rechtlichen Auseinandersetzung die Frage, ob die Verfügung des Gesundheitsamts zur Aufhebung der ärztlichen Schweigepflicht nichtig ist, da der Beschwerdeführer von der Entbindung erst anlässlich der Einsichtnahme in die Akten der Strafuntersuchung durch seine Anwältin erfuhr und somit weder in das Entbindungsverfahren einbezogen worden war noch die Verfügung zugestellt erhalten hatte.
Die Beschwerden des Patienten gegen die Entbindungsverfügung wiesen sowohl der Regierungsrat als auch das Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz ab. Das Bundesgericht hiess die Beschwerde des Patienten gut. Es hob das angefochtene Urteil der Vorinstanz auf und stellte wegen besonders schwerwiegender Verfahrensmängel die Nichtigkeit der Entbindungsverfügung fest, mit folgender Begründung:
Das Bundesgericht hiess den Antrag auf Feststellung der Nichtigkeit gut, womit die Entbindungsverfügung keinerlei Rechtswirkungen entfaltet.
BGer 2C_332/2024
Medienmitteilung des Bundesgerichts
Der Beschwerdeführer begab sich im Jahr 2022 zur stationären Behandlung in eine Klinik im Kanton Schwyz, wobei sein Konsum von unerlaubter Pornografie zur Sprache kam. Nachdem ein Gesuch der Klinik um Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht genehmigt wurde, reichte die Klinik gegen den Patienten Strafanzeige wegen harter Pornografie ein.
Streitgegenstand bildete in der nachfolgenden rechtlichen Auseinandersetzung die Frage, ob die Verfügung des Gesundheitsamts zur Aufhebung der ärztlichen Schweigepflicht nichtig ist, da der Beschwerdeführer von der Entbindung erst anlässlich der Einsichtnahme in die Akten der Strafuntersuchung durch seine Anwältin erfuhr und somit weder in das Entbindungsverfahren einbezogen worden war noch die Verfügung zugestellt erhalten hatte.
Die Beschwerden des Patienten gegen die Entbindungsverfügung wiesen sowohl der Regierungsrat als auch das Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz ab. Das Bundesgericht hiess die Beschwerde des Patienten gut. Es hob das angefochtene Urteil der Vorinstanz auf und stellte wegen besonders schwerwiegender Verfahrensmängel die Nichtigkeit der Entbindungsverfügung fest, mit folgender Begründung:
- Keine Beteiligung am Verfahren: Der Beschwerdeführer wurde trotz Parteistellung nicht in das Entbindungsverfahren einbezogen und konnte sich vorab nicht dazu äussern.
- Verletzung des rechtlichen Gehörs: Die Verfügung wurde dem Beschwerdeführer nicht eröffnet, obwohl Art. 29 Abs. 2 BV wie auch einschlägige kantonale Verfahrensbestimmungen dies verlangen. Mangels gesetzlicher Grundlage für einen behördlichen Verzicht stellt die bewusste Nichteröffnung einen gravierenden Verfahrensfehler dar.
- Keine Heilung der Gehörsverletzung: Eine Heilung fällt ausser Betracht, weil der Beschwerdeführer (mangels Eröffnung) nie die Möglichkeit hatte, die Entbindungsverfügung wirksam anzufechten.
- Erheblicher Nachteil durch Nichtzustellung: Der Beschwerdeführer konnte sich nicht vorgängig gegen die Entbindung wehren oder die Offenlegung der ihn betreffenden Berufsgeheimnisse verhindern. Der Mangel war bei Verfügungserlass offensichtlich und führte zu einem erheblichen Nachteil.
- Unzulässige Antragstellung durch Dritte: Anstelle der Geheimnisträger, d.h. die der beruflichen Schweigepflicht unterliegenden Ärzte, wurde das Entbindungsgesuch von ihrer Arbeitgeberin gestellt. Die Verfügung wurde in der Folge der Arbeitgeberin und nicht den Geheimnisträgern individuell zugestellt. Dies widerspricht dem Wortlaut von Art. 321 Ziff. 2 StGB, wonach allein der Geheimnisträger ein Gesuch um Entbindung von der beruflichen Schweigepflicht stellen kann.
- Unzureichende Gefahrenbegründung: Persönliche, der ärztlichen Schweigepflicht unterliegende Informationen sind besonders schützenswert. Eine Entbindung vom Arztgeheimnis setzt eine konkrete Gefahr für hochrangige Rechtsgüter voraus. Die Vorinstanz begründete die Einschränkung der Parteirechte jedoch lediglich mit einer abstrakten Gefahr der Beweisvereitelung durch den Patienten. Dies genügt nicht zur Rechtfertigung einer derart schwerwiegenden Gehörsverletzung.
- Keine Gefährdung der Rechtssicherheit: Die Feststellung der Nichtigkeit der Verfügung beeinträchtigt die Rechtssicherheit nicht ernsthaft.
Das Bundesgericht hiess den Antrag auf Feststellung der Nichtigkeit gut, womit die Entbindungsverfügung keinerlei Rechtswirkungen entfaltet.
BGer 2C_332/2024
Medienmitteilung des Bundesgerichts