7 octobre 2025 | Legal Insight
Ordre Public-Einwände i.S.v. Art. 34
Ziff. 1 LugÜ sind bereits im
Erkenntnisverfahren zu erheben
7 octobre 2025 | Legal Insight
Ordre Public-Einwände i.S.v. Art. 34
Ziff. 1 LugÜ sind bereits im
Erkenntnisverfahren zu erheben
Eine Verletzung des materiellen Ordre Public bei der Vollstreckung eines ausländischen Urteils in der Schweiz im Sinne von Art. 34 Ziff. 1 LugÜ kann nicht geltend gemacht werden, wenn der entsprechende Einwand im ausländischen Hauptverfahren unterblieb.
Das Bundesgericht hatte in einem jüngsten Entscheid erstmals die Frage beantwortet, ob die Partei, die sich der Anerkennung einer ausländischen Entscheidung in der Schweiz widersetzt, zuvor alle im Ausland verfügbaren Rechtsbehelfe ausschöpfen muss, um zu verhindern, dass diese Entscheidung im Sinne von Art. 34 Ziff. 1 LugÜ gegen den materiellen Ordre Public der Schweiz verstösst.
Konkret ging es um die Vollstreckung einer in Rumänien erstrittenen Forderung, welche einen Verzugszins von 0.15 % pro Tag beinhaltet, was einem Jahreszins von 54.75 % entspricht. Diese rechtskräftige und vollstreckbare Forderung wurde in der Schweiz in Betreibung gesetzt. Der dagegen erhobene Rechtsvorschlag wurde im Rechtsöffnungsverfahren vom Bundesgericht definitiv beseitigt.
Die Schuldnerin wehrte sich vergeblich mit dem Argument, der vertraglich vereinbarte Zinssatz von 54.75 % würde gegen den Ordre Public verstossen (Art. 34 Ziff. 1 LugÜ). Das Bundesgericht folgte der Rechtsprechung des EuGH und gestützt darauf der Argumentation der Gläubigerin, wonach es die Schuldnerin unterlassen habe, diesen Zinssatz im Erkenntnisverfahren zu bestreiten. Dies mit folgender Begründung (Erw. 4):
Sofern keine besonderen Umstände vorliegen, die die Ausübung von Rechtsbehelfen im Ursprungsstaat zu schwierig oder unmöglich machen, obliegt es grundsätzlich in vertraglichen Angelegenheiten der Partei, die sich der Anerkennung eines ausländischen Urteils unter Berufung auf einen Verstoss gegen den Ordre Public im Sinne von Art. 34 Ziff. 1 LugÜ widersetzen will, zuvor im Ursprungsstaat alle verfügbaren Rechtsbehelfe auszuschöpfen, um einen solchen Verstoss im Voraus zu verhindern. Aus dieser Verpflichtung folgt, dass die Partei vor den Gerichten des Ursprungsstaates die Rügen geltend gemacht haben muss, die es ermöglicht hätten, die behauptete Verletzung des materiellen Ordre Public zu vermeiden, es sei denn, sie weist nach, dass die Zuständigkeit dieser Gerichte es ihnen nicht erlaubt hätte, diese Rügen zu prüfen.
Die Kritik eines Teils der Schweizer Rechtslehre an der Rechtsprechung des EuGH war für das Bundesgericht somit nicht überzeugend.
Praxisfolgen: Potenzielle Ordre Public-Einwände (z.B. bei übersetzten Zinsen) sind bereits im Erkenntnisverfahren im Ursprungsstaat aktiv zu erheben bzw. sind alle verfügbaren und zumutbaren Rechtsbehelfe zu ergreifen. Im Vollstreckungsverfahren müssen die ergriffenen Rechtsbehelfe klar dokumentiert oder dargelegt werden, weshalb Rechtsbehelfe unzumutbar oder unmöglich waren.
Entscheid vom 15. September 2025, 4A_129/2024
Das Bundesgericht hatte in einem jüngsten Entscheid erstmals die Frage beantwortet, ob die Partei, die sich der Anerkennung einer ausländischen Entscheidung in der Schweiz widersetzt, zuvor alle im Ausland verfügbaren Rechtsbehelfe ausschöpfen muss, um zu verhindern, dass diese Entscheidung im Sinne von Art. 34 Ziff. 1 LugÜ gegen den materiellen Ordre Public der Schweiz verstösst.
Konkret ging es um die Vollstreckung einer in Rumänien erstrittenen Forderung, welche einen Verzugszins von 0.15 % pro Tag beinhaltet, was einem Jahreszins von 54.75 % entspricht. Diese rechtskräftige und vollstreckbare Forderung wurde in der Schweiz in Betreibung gesetzt. Der dagegen erhobene Rechtsvorschlag wurde im Rechtsöffnungsverfahren vom Bundesgericht definitiv beseitigt.
Die Schuldnerin wehrte sich vergeblich mit dem Argument, der vertraglich vereinbarte Zinssatz von 54.75 % würde gegen den Ordre Public verstossen (Art. 34 Ziff. 1 LugÜ). Das Bundesgericht folgte der Rechtsprechung des EuGH und gestützt darauf der Argumentation der Gläubigerin, wonach es die Schuldnerin unterlassen habe, diesen Zinssatz im Erkenntnisverfahren zu bestreiten. Dies mit folgender Begründung (Erw. 4):
Sofern keine besonderen Umstände vorliegen, die die Ausübung von Rechtsbehelfen im Ursprungsstaat zu schwierig oder unmöglich machen, obliegt es grundsätzlich in vertraglichen Angelegenheiten der Partei, die sich der Anerkennung eines ausländischen Urteils unter Berufung auf einen Verstoss gegen den Ordre Public im Sinne von Art. 34 Ziff. 1 LugÜ widersetzen will, zuvor im Ursprungsstaat alle verfügbaren Rechtsbehelfe auszuschöpfen, um einen solchen Verstoss im Voraus zu verhindern. Aus dieser Verpflichtung folgt, dass die Partei vor den Gerichten des Ursprungsstaates die Rügen geltend gemacht haben muss, die es ermöglicht hätten, die behauptete Verletzung des materiellen Ordre Public zu vermeiden, es sei denn, sie weist nach, dass die Zuständigkeit dieser Gerichte es ihnen nicht erlaubt hätte, diese Rügen zu prüfen.
Die Kritik eines Teils der Schweizer Rechtslehre an der Rechtsprechung des EuGH war für das Bundesgericht somit nicht überzeugend.
Praxisfolgen: Potenzielle Ordre Public-Einwände (z.B. bei übersetzten Zinsen) sind bereits im Erkenntnisverfahren im Ursprungsstaat aktiv zu erheben bzw. sind alle verfügbaren und zumutbaren Rechtsbehelfe zu ergreifen. Im Vollstreckungsverfahren müssen die ergriffenen Rechtsbehelfe klar dokumentiert oder dargelegt werden, weshalb Rechtsbehelfe unzumutbar oder unmöglich waren.
Entscheid vom 15. September 2025, 4A_129/2024